erschienen in Kommunikaze 11, November 2004
Okay, ich weiß, ihr könnt Euch nicht vorstellen, dass auch ich mal eine Frau haben will, die ich liebe, mit der ich glücklich sein kann, mit der ich lachend durchs Leben gehen kann, mit der ich juchzend über eine Blumenwiese im Frühling springen kann. Ich mir auch nicht. Denn ich bin der Malpensant, und ich hasse das Leben!
Dennoch muß auch ich mich den Zwängen und Verpflichtungen der ersten Frühlingstriebe beugen und versuchen, mir eine Frau aufzutreiben, möglichst eine große, blonde, kühle nordische Schönheit mit blauen Augen und langem Haar und schwellenden roten Lippen. Davon gibt’s bestimmt tausende! Habe ich in der Werbung gesehen. Man muss nur ordentlich Appel-Konserven im Haus haben oder wenigstens bereit sein, sich mit Lätta bewerfen zu lassen. Bin ich gerne.
Zwei Wochen später bin ich der Verzweiflung nahe: Noch immer hat sich keine Frau bei mir gemeldet und meine Bude müffelt nach Fischkonserven und ranziger Margarine. Ich disponiere meine Pläne also um und beschließe, selbst die Initiative zu ergreifen. Auf zum Baggerplatz №1, der Disco. Egal, in welches Etablissement man sich begibt, die Rituale sind immer dieselben. Zunächst muss man sich zwar so gut waschen, rasieren und parfümieren wie für ein Vorstellungsgespräch, danach aber muss man sich so locker und lässig anziehen, als käme man gerade aus 'ner H&M-Kabine gestolpert, und meistens tut man das ja auch vor einer Discotour. Alternativ kann man sich bei der Klamottenwahl aber auch an die großen Vorbilder David Beckham, BRAVO-Centerfold oder GZSZ-Star halten. Was meistens trotz 3 Tuben Gel und 5 Kilo Schminke daran scheitert, dass das Ursprungsprodukt das Aussehen einer garstigen Hexe oder eines rasierten Gorillas hatte. Jedenfalls, danach geht man gestylt zu dem Zappelschuppen seiner Wahl hin, wird weggeschickt wegen falschem Schuhwerk, kommt in anderen Galoschen zurück und darf endlich rein. Drinnen heißt es dann Lage sondieren. Dafür gehen die Herren der Schöpfung an die Theke, um sich mit einem Bier in der Hand die tobende Masse cool wie Atze anzuschauen, und die Damen der Schöpfung gehen auf Toilette, schauen sich die Schüsseln an, und wissen, worein sie heute Nacht greifen werden, wenn sie den scheinbar leckeren Typen von der Tanzfläche mit nach Hause nehmen. Logischerweise stelle ich mich an die Theke, hole mir ein Schnäppchenbier zum Preis von 3 Mensaessen und throne über dem Getümmel wie OB Fip über Osnabrück. Dann erspähe ich SIE!
Wunderschön, Bewegungen wie eine Elfe, eine Ausstrahlung wie eine Kaiserin, und… vergeben. Denn eng neben ihr tanzt ein Büffel von einem Kerl, was sie nicht zu stören scheint. Ich beschließe, den Kampf zu wagen und tanze auch mit. Es ist zwecklos. Ich wirke wie die Fliege, die neben einem Jumbojet herfliegt und irgendwann gerate ich in die Turbinen und werde zurück an die Theke geschleudert. „Pah! Sie wird schon sehen, was ihr an mir entgeht. Ich wäre nämlich viel besser gewesen als der Muskeltyp neben ihr.“, so versuche ich, meine gekränkte Eitelkeit zu trösten. Was natürlich zwecklos ist. Ich mache also die Biege und versuche mein Glück woanders.
Im Internet verabrede ich mich mit „Lovebird75“, die sich selbst als humorvoll und literarisch interessiert beschreibt. Beim Rendezvous erscheint eine pummelige, kichernde Hackfresse, der ein Rosamunde-Pilcher-Roman aus der Tasche ragt. Ich seile mich ab. Next try
Kontaktanzeigenteil ON: „Schneemann sucht Schneeflocke zum dahinschmelzen“, „Student, 26, sucht Sie für gelegentliche Abenteuer“ „Hausfrau mit viel Freizeit sucht geilen Hengst“ und so weiter und so fort. Welche traurigen Gestalten solche Anzeigen schreiben, will ich lieber erst gar nicht wissen. Ich bin der Verzweiflung nahe und gehe mit meinen Ansprüchen runter. Hauptsache Frau, Hauptsache unter 40, Hauptsache sie atmet.
Da kommt mir der Geistesblitz: Auf zur Erstsemesterparty! Eine Bombenidee, die ich mit nur etwa 200 Langzeitstudenten teile. Trotzdem versuche ich mein Glück, packe mein cool-souveränes Lächeln aus und probiere es bei der Erstbesten. Immerhin habe ich jede Menge 1A-Aufreißersprüche im Gepäck: „Ich habe meine Telefonnummer vergessen, kann ich mir mal Deine leihen?“. Zitronenmine. Nächste: „Glaubst Du nicht an die Liebe auf den ersten Blick? Dann geh ich kurz raus und komm gleich wieder rein.“ Weggeschubst. „Ich bin ein exzellenter Koch. Meine Spezialität ist Frühstück im Bett. Appetit?“ „Hast Du Magneten in Deiner Tasche? Du ziehst mich unwiderstehlich an.“ „Sag mal, war es für Dich sehr schmerzhaft, als Du vom Himmel auf die Erde runterfielst?“ „Du bist bestimmt Geheimagentin, denn Du verfolgst mich jede Nacht im Traum.“ Die Antworten bleiben handfest.
Kurz vor der Ohnmacht und durch halbverquollene Augen starte ich einen letzten Versuch: „Ich heiße Malpi, das hast Du nicht gewusst, doch nun weißt Du, was Du nachher stöhnen musst.“ Keine Ohrfeige. Kein böser Spruch. Statt dessen ein Kichern. „Du bist ja süß, okay, gehen wir zu Dir!“ Tja, und das nächste Mal gehe ich dann ins Bettchen.
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