Le Malpensant geht in die Uni

von Sven Kosack

erschienen in Kommunikaze 2, Februar 2003

Na toll! Gerade mal aufgestanden, und schon scheint die Sonne.  Warum kann nie mal etwas so nach Plan laufen, wie es sollte? Sonst regnet es doch immer in Osnabrück, warum gerade heute nicht? Meine Laune ist schon wieder mies und meine Gedanken schwarz. Ich bin der Malpensant und ich hasse die Welt.

Ich mache mich fertig und gehe in die Uni. Es ist acht Uhr morgens. Ich hasse diese frühen Vorlesungen. Um diese Zeit ist doch noch niemand wirklich wach! Wer kommt nur immer auf so einen Scheiß? Naja, irgendjemand wird sich schon etwas dabei gedacht haben. Obwohl: Vielleicht auch nicht. Denn dass sich irgendein Genie den Kopf zerbrochen hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es das Beste ist, wenn alle Menschen dann anfangen zu arbeiten, wenn sie noch halb im Bett liegen und groggy sind, ist nicht unbedingt anzunehmen. Ich setze mich in den spärlich gefüllten Seminarraum. Man grüßt mich. Ich nicke grimmig zurück. Das hat man nun davon, dass man sich diesen Typen irgendwann mal vorgestellt hat, nun muss man sie ständig grüßen und sich strahlend mit ihnen vor der Mensa unterhalten („Na, hi, lang nicht gesehen! Wie geht’s dir? Bist du noch in diesemunddiesem Seminar? Schnatter, schnatter, schnatter“). Dabei habe ich deren Namen schon längst vergessen, weil sie mich eh ´nen Keks interessieren.

Block. Stift. Skript. Alles da. Dozent nun auch. Fängt an zu reden. Gutgelaunt. Irgendwie sind mir Leute, die morgens um acht gute Laune haben, suspekt. Ein Mädchen mir gegenüber lächelt mich an. Ich schaue sie an. Unglaublich! Wie kann man nur im Winter so dünne Klamotten tragen? Die auch noch so eng anliegen! Da holt man sich ja den Tod. Obwohl...tät’ mich freuen, dann hätte ich einen weniger zu grüßen.

Immerhin noch besser als das Mädel direkt vor mir. Die entblödet sich nicht, sich - jeglichen Blick in einen Spiegel ignorierend - in eine zwei Nummern zu kleine Jeans zu zwängen. Nun, da sie sich hingesetzt hat, bemerke ich, dass es sich um eine dieser hinunterrutschenden Hüftjeans handelt. Das lässt tief blicken. Leider. Unter dem pinkfarbenen Stringtanga sehe ich noch ein Tattoo, das aussieht wie eine Gürtelrose oder ein großer blauer Fleck. Ich beschließe, mich in der nächsten Sitzung in die erste Reihe zu setzen.

Doch da sitzt immer dieser Nerd. Der ist bestimmt die ganze Zeit nur am Lernen und verwendet, jede Wette, sogar ein Geodreieck, um seine Überschriften zu unterstreichen. Streber! Nee, da schenke ich mir lieber das Seminar - Wie es heißt? Na, „Positives Denken“ eben - und gehe nächstes Mal lieber in die Mensa...