erschienen in Kommunikaze 20, August 2006
Seit jeher drängt die Kommunikaze bekanntlich auf den Europäischen, ach was, den Weltmarkt. Zögerlichen Besuchen in Berlin folgten bald schon weitere, gefährlichere Reisen nach Island, USA, Griechenland und Bath. Und nun hat die Redaktion endlich einen festen Auslandsreporter im wohl sympathischsten Nachbarland Deutschlands, in Belgien. Genauer gesagt in Oost-Vlanderen, Waasland, Gemeinde Hamme. Von hier aus wird Sven Kosack in der Folgezeit regelmäßig über die Geschehnisse der Weltpolitik berichten, soweit sie sich in Hamme zutragen.
Da das nächste Mega-Event in Hamme nach dem Bauernmarkt im vergangenen Monat die Wiedereröffnung der restaurierten Windmühle „Großer Napoleon“ sein wird, blieb dem Reporter Zeit, für einen Theaterbesuch und die Bergung einer Perle für die Leser der Kommunikaze : BoomHuttenTijd?! von Do van Ranst, dargeboten durch die Jugendabteilung der königlichen Theatervereinigung für Gott und den Mitmenschen gGmbH „Wildwechsel (Overstekend Wild)“ im Ringtheater zu Hamme.
Das Stück handelt von Thomas (Benjamin Lauwaert), einem 15-jährigen introvertierten Teenager, der beim Erwachen seiner Sexualität bemerkt, dass er sich mehr zu seinem besten Freund Robin hingezogen fühlt als zu den schroffen Dorfmädchen. Da ihn Robin jedoch zurückweist, begeht Thomas verzweifelt Selbstmord. Das Stück, das keine Einheit von Zeit und Raum kennt, erzählt die verzweifelte Suche der Eltern und Geschwister nach Antworten und in Rückblenden die Geschichte von Thomas Selbstmord.
Genial deutet Do van Ranst, der wohl größte Sohn Hammes neben Herman Brusselman und dem Nobelpreisträger Maurice Maeterlinck, dem zudem eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit mit Jan Paulin nicht abzusprechen ist, die Zerrissenheit der Akteure an, ohne sie jedoch die Verzweiflung je artikulieren zu lassen. Der Vater, auf der Suche nach Ablenkung, baut wie besessen die titelgebende Baumhütte weiter, die er seinem Sohn versprochen hat. So, als ob sie ihm Thomas zurückgeben könnte. Die Mutter liest alle Bücher von Thomas noch einmal und nur die Schwester Lies (leider zu altklug: Bo Mijs) spricht mit allen Freunden über die letzten Tage ihres Bruders, um mehr über sein Leben zu erfahren.
Das Amateurtheater Hamme entwickelt hierbei eine außergewöhnliche Spielfreude, die die Charaktere lebendig und überzeugend dem internationalen Auditorium (es wurden auch Gäste aus Deutschland und Kuba gesichtet) präsentiert. Dem Auslandsreporter besonders zu gefallen wusste die Regie (ebenfalls Do van Ranst), die durch simple Tricks (die Akteure trugen schwarze Kleidung, wurden per Spot bei ihrem Auftritt sichtbar und verschwanden in der Dunkelheit der vorhanglosen Bühne, sobald das Licht erlosch) und eine wundervolle Sounduntermalung eine Atmosphäre zwischen Theater und MTV-Videoclip zu kreieren wusste. Alles in allem ein gelungener Theaterabend, den der Auslandskorrespondent zusammen mit den Darstellern im schönsten Café des Ortes, dem Sircel, ausklingen lassen konnte.
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