erschienen in Kommunikaze 10, Mai 2004
Zunächst dies: Leserinnen und Leser, geht bitte alle in die Ausstellung „Alte Bekannnte - Erinnerungen an die Jugend“ im Museums-dorf Cloppenburg! Danke!
Jetzt, da wir das Wichtigste eingangs geklärt hätten, der Rest des Artikels: Bei „Museumsdorf Cloppenburg“ wird mancher vermutlich an rustikale Bauernhistorie denken und damit nicht grundsätzlich daneben liegen. Neben restaurierten Bauernkaten bietet das Freilichtmuseum dieser Tage aber auch ein ganz besonderes Schmankerl, namentllich die oben erwähnte Ausstellung. „Alte Bekannte“, das ist zunächst einmal ein studienrelevantes Projekt von Axel Brasgalla, Kristina Eschler und Björn Herrmann, alle drei Studierende der Kulturwissenschaften an der Uni Bremen. Es soll darum gehen, die Jugendkultur der 70er, 80er und 90er aufleben und am plastischen Exponat erfahrbar werden zu lassen -- aber eben nicht, wie unlängst verschiedentlich im Privatfernsehen geschehen, im Rundumschlag mit millionenkompatibler Massenwirkung, sondern mit ganz persönlichen Erinnerungen und den zugehörigen Gegenständen:
So finden sich sowohl die Ausstellungsmacher als auch jene Teilnehmer, die im Vorfeld übers Internet eigene Beiträge beigesteuert haben, in Wort, Bild und Ding wieder, und das mit verblüffender Wirkung: Gerade weil das Ausgestellte vielfach einen ganz persönlichen Bezug hat, gelingt auch dem Ausstellungsbesucher die Identifikation. Und natürlich trifft man im Vorbeischlendern an den einzelnen „Museumsinseln“, in denen thematisch zwischen Jugendzimmern, individuellen Singlecharts und Jugendidolen ein gleichermaßen skurriles wie rührendes Panoptikum geboten wird, auch auf - der Name ist Programm - zahlreiche „alte Bekannte“.
Dabei soll kein abschließendes Resümee darüber gezogen werden, wie denn nun DIE Jugendkultur der 70er, 80er und 90er war, es bleibt Platz für gegensätzliche Meinungen: Der eine fand Lady Diana spitze, der andere weniger. Nicht jeder war TipKick-Fan, und auch musikalisch liegen zwischen manchen Geschmäckern Lichtjahre -- aber gerade dieses Nebeneinander von verschiedenen Erlebnissen und Erinnerungen macht den Reiz der Veranstaltung aus und führt auch zum Dialog der Besucher untereinander.
Fazit: Ein bemerkenswertes Projekt, dem man an allen Ecken und Enden das hohe Maß an Arbeit und Überlegung anmerkt, dass die Macher hier investiert haben, und eine Ausstellung, in die man stundenlang abtauchen kann, um die persönlichen Kindheitstraumata aufzuarbeiten. Diese Ausstellung verdient Besucher in Scharen! Vor allem auch deshalb, weil die Anreise ins abgeschiedene Cloppenburg per Bahn gänzlich unproblematisch abläuft und Osnabrücks Studierende noch dazu nichts kostet!
Und für alle, die auch das nicht überzeugt, bleibt mir wohl nur noch Autosuggestion als letzte Überredungstaktik. Also, bitte nachsprechen: Ich werde die Ausstellung „Alte Bekannte besuchen“! Ich werde die Ausstellung „Alte Bekannte besuchen“! Ich werde...
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