Popliteratur

von Stefan Berendes

erschienen in Kommunikaze 7, November 2003

Festwertspeicher der Kontrollgesellschaft. Neue Texte. 
So der Titel der Lesung. Kein Witz! So soll auch das neue Buch heißen, das irgendwann nächstes Jahr erscheinen soll - Untertitel: „Remix II“. Und damit ist man ja wieder versöhnt, und Existenzphilosophisches war - Titel hin oder her - von Benjamin von Stuckrad-Barre wohl eher nicht zu erwarten.

Stattdessen dies: Zum Auftakt lustiges Texteraten von (und mit!) Heinz-Rudolf Kunze sowie ein Seitenhieb auf die Neue OZ, die den Autor weiland heftig abstrafte, die Eröffnung der Dürer-Ausstellung abgesagt zu haben: Obwohl  die Lesung in Göttingen stattfindet, also zwei echte Filetstückchen für (Wahl-)Osnabrücker.

Hernach gibt es dann das, was man von Stuckrad-Barre gewohnt ist und ergo auch hören wollte: Bitterböse Satiren, Protokolle über den Irrsinn des Alltäglichen, versüßt durch die fabelhafte Sprache und gewürzt mit einer Handvoll herber Nackenschläge in alle Richtungen.

Man muss Stuckrad-Barre nicht mögen - für manche ist es vielleicht sogar unmöglich, ihn nicht zu hassen - aber er trifft meistens ins Schwarze (verdeutlicht durch schallendes Gelächter von Seiten des Auditoriums) und attackiert mit großer Konsequenz nur jene, deren Leben in der Öffentlichkeit eine gewisse Skepsis dann und wann herausfordert. So zum Beispiel Paola und Kurt Felix, deren traute Eheharmonie der Autor mit spitzer Feder (und dabei durchaus versöhnlich) seziert. Der Text eröffnet und schließt die Lesung, das Ende kommt abrupt. Es wird leider nicht mehr signiert.

Aber so ist das wohl, wenn aus Popliteraten irgendwann Popstars geworden sind.