Solo - Einschüchterungsversuche

von Jan Denning

erschienen in Kommunikaze 5, Juni 2003

Ich bin solo. Seit fast einem Jahr. Dass ich aber mit dem Kennenlernen potenzieller Nachfolgerinnen noch nicht allzu weit gekommen bin, liegt an einer fatalen Geisteshaltung meinerseits: ich bin schweinemäßig schüchtern. Das Problem dabei ist, dass ich zwar nicht schlecht aber eben letztendlich auch nicht gut genug aussehe, um von Frauen angesprochen zu werden. Das mit der Schüchternheit ist so ’ne Sache. Im Regelfall wird sie erst durch eine bestimmte individuell angepasste Menge Alkohols übertüncht. Müdigkeit tut’s in meinem Fall aber auch. Denn wenn man müde ist, ist einem irgendwie manches egaler als sonst. Fast buddhistisch, nur eben müder.

Die traditionelle Zeit zum Müde-sein ist der Montagmorgen. Und genau dann traf mich mit einigen Freunden in der Cafeteria. Als ich mich hingesetzt hatte, sah ich, dass zwei Tische weiter diejenige saß, die ich als meinen heimlichen Schwarm bezeichnen könnte. Das heißt soviel wie: sich alle paar Wochen mal über den Weg laufen und nett finden, keine verzehrende Sehnsucht oder so; Bekannte, in Ordnung - mehr, auch in Ordnung. Nur, um sich mal zu verabreden war ich einfach - zu schüchtern.

Ich ging rüber und unterhielt mich mit ihr. Nur als Erinnerung: ich müde. Irgendwann hörte ich mich sagen, ob wir uns nicht mal „so zum Labern“ treffen wollten. Rhetorisch sicher keine Meisterleistung, aber immerhin sagte sie „ja klar“. Wann genau war noch nicht so raus. Also fragte ich sie, ob sie mir nicht ihre ... richtig! Sie tat. Was soviel heißt, wie: Sie blätterte eine halbe Minute lang in ihrem fast leeren Block, um dann doch von einem scheinbar wahllosen Blatt in der Mitte eine Ecke abzureißen.

Sie schrieb sogar noch ihren Namen drunter. Ich faltete den Zettel zusammen und steckte ihn ein. Man muss es nur versuchen. Dachte ich. Ein Sieg über meine Schüchternheit - von nun an nur noch bergauf.
Wir verabschiedeten uns.

Im Flur des Amtes, das den Studenten Geld verheißt - manchen Studenten - traf ich dann später einen guten Freund und setzte mich neben ihn.
Grinsend meinte er „Rat’ mal, wen ich heute schon gesehen hab?“ Jaaa, ein gewisser Erobererstolz trieb mich dazu, grinsend zu entgegnen „Ich sie auch - und sogar ihre Nummer“. „Nee, Du? Zeig her.“

Er musste wohl nicht so müde gewesen sein wie ich. Denn genau in dem Moment, als es mir auch auffiel sprach er es aus.

„Seit wann haben Handynummern nur sechs Stellen?“