Was macht eigentlich der Kommunismus?

von Kalle Kalbhen und Sebastian König

erschienen im Rahmen der Titelrubrik in Kommunikaze 19, Juni 2006


Nachgetreten - das kleine Interview mit einer großen Idee

Hallo, Kommunismus. Schön, dass Sie Zeit für uns haben. Sie waren ja lange nicht mehr in Deutschland.


Da haben Sie Recht. Ich wollte einfach mal wieder vorbeischauen und sehen, wie es ohne mich läuft.


Das letzte Mal hatten Sie es sehr eilig, von hier zu verschwinden.


Man kann sich ja nicht um alles kümmern. Ich habe schon damals gesehen, dass China eine große Zukunft hat. Ich wollte dort meine Kräfte bündeln.


War es nicht vielmehr so, dass Sie - eingeschüchtert vom Klassenprimus Kapitalismus - das Weite gesucht haben?


(Bekommt einen hochroten Kopf) Das weise ich entschieden zurück! Mein Konkurrent gaukelt den Leuten etwas vor! Warten sie, ich habe die Zahlen hier (kramt hektisch in seiner Jutetasche), habe ich wohl auf dem Schreibtisch liegen lassen, aber ich kann...


Wie erklären Sie sich denn ihre herbe Niederlage in den USA?


Die Kampagne von Mc Carthy war ein einziger Skandal. Da wurden Sachverhalte falsch dargestellt und mein Privatleben in den Dreck gezogen.

 

Aber es stimmt doch, dass sie sich damals des öfteren verhaltensauffällig gezeigt haben und mit ihren Angestellten nicht korrekt umgegangen sind? Viele Kritiker halten ihnen z.B. noch heute vor, dass es einige mysteriöse Unglücksfälle gab!


Ich habe mich immer an die Spielregeln gehalten, nie jemanden bevorzugt. Und ein bißchen Kontrolle hat noch niemandem geschadet.


Stichwort Menschenrechte...


Sie wollen auf mein Chinaabkommen mit Google hinaus? Als Außenstehender ist es natürlich immer schwer, firmeninterne Konzepte nachzuvollziehen. Wir haben uns aber tatsächlich für einen anderen Weg entschieden, die Menschen aufzuklären.


I
hre Versuche, nach Südamerika zu expandieren, sind in einem einzigen Sumpf aus Korruption geendet. Ihre Alkohol- und Drogenprobleme waren unübersehbar, Sie mussten eine Entziehungskur machen.


(lacht verschämt) Ich kann ihre Bedenken nicht teilen. Ich kann dazu nur sagen, dass Fidel ein guter Freund geworden ist und er einen großartigen Job macht. Die Entziehungskur ist eine Erfindung der Presse! Ich hasse die Presse. Darunter musste schon mein Vater (Karl Marx, Anm. d. Red.) leiden.


Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?


Ich möchte, dass mein Unternehmen wieder Marktführer wird. Unsere Marketingabteilung arbeitet gerade auf Hochtouren an einer Kampagne. Ich denke da an „Du bist Kommunismus“, „Kommunismus ist geil“ oder „Kapitalismus, ich bin doch nicht blöd“. Vielleicht machen wir auch was mit Fußball.


Kommunismus, wir bedanken uns für das Gespräch.