Bodo Geerds: Mein langer Rutsch zu mir selbst
von Kalle Kalbhenn
Nettebad, 30. August, 15:00 Uhr. Bodo Geerds (26) ist ein windschnittiger Zeitgenosse. Einzig seine Kotletten würden im Windkanal das Spitzenergebnis verhindern. Im zivilen Leben arbeitet Geerds als Medienrechtler bei der Kommunikaze-Haussozietat Möller/Geerds/Rehse. Jetzt steht er kurz vor dem Finallauf der städtischen Wasserrutschmeisterschaft. Im Vorlauf konnte er sich gegen 537 Piloten durchsetzen und steht nun mit seinem zweiköpfigen Betreuerstab Ulrike Schröder (Ernährung und Performance) und Jan Kalbhenn (Pressesprecher) vor seiner größten sportlichen Herausforderung seit dem Triumph beim Jever Kicker Cup.
Das Projekt Stadtmeisterschaften geht Geerds generalstabsmäßig an. Mit seinen Betreuern durchläuft er ein ausgeklügeltes Aufwärmprogramm: 2 mal die kleine Rutsche und noch einmal die lange mit den lustigen gelben Reifen, dann ist Geerds fit. Die Startnummer 14 hat der blonde Schlidderexperte auf dem Oberarm tätowieret, so schreitet er die lange Treppe zum Start empor - zum jetzigen Zeitpunkt liegt die Bestzeit bei 12.58 Sekunden, Geerds konnte sich in den Vorläufen mit einer Zeit von 14.22 qualifizieren - die anderen Athleten stehen am Zieleinlauf. Hier setzt niemand einen Pfifferling auf den Medienrechtler. („Zu hager“ und „Ich habe ihn die letzte Woche nie trainieren gesehen“). Dann läuft die Uhr, Geerds hat das Gerede nicht gehört und ist gestartet.
Genau 11.90 Sekunden steht der neue Bahnrekord - Geerds ist der Favorit. Nie zuvor konnte die 86 Meter langen Loipe mit einem Stundenmittel von 16 km/h bezwungen werden. Geerds ist jetzt der gefragteste Mann des Badetempels. Sofort tummelt sich die Presse um ihn. Bereitwillig erzählt er von seiner Leidenschaft zum Rutschen („Ich bin schon als kleiner Bub überall runter gerutscht“) oder von seinem Auslandsaufenthalt in Korea („Dort konnte ich auf einer 1500 Meter langen Strecke trainieren“). Sein Erfolgsrezept aber lüftet Geerds auch im Gespräch mit Radi RST und der NOZ nicht. Beim Thema Doping wird er grantig: „Rutschen ist ein sauberer Sport. Zum Glück gehen die Referees rigoros gegen den Einsatz von Sonnencreme, Körperöl und anderen Schmierfetten vor.“
Erst im Gespräch mit Kommunikaze lüftet Geerds weltexklusiv sein Erfolgsgeheimnis. Er rutscht mit der ausgeklügelten „Drei-Punkte-Technik“ – auf einer Hacke und den Ellenbogen. Tatsächlich: nach einem Kontrollblick fällt die offene Fleischwunde an Geerds linkem Ellenbogen auf. „Damit erhöht sich das Verletzungsrisiko, aber der Erfolg gibt mir recht“, erzählt der frischgebackene Rutschmeister.
Schon vor seinem zweiten Lauf steht Geerds als Stadtmeister fest. Mit einer Zeit von 11.76 Sekunden unterbietet er dann seinen eigenen Bahnrekord. „Eine Hacke und nur ein Ellenbogen“, flüstert Geerds seinen Betreuern zu. Dann geht alles schnell. Siegerfoto, Medaille, Urkunde und das Ticket zur Niedersachsenmeisterschaft. Geerds ist im Rutscholymp angekommen. Er faselt etwas von „Bus organisieren“ und „mit Kanzlei und Redaktion nach Wolfsburg“, aber das kann er seinen Rutschkollegen erzählen.
Anmerkung in eigener Sache:
Die Redaktion der
Kommunikaze hat einen langen Leidensweg hinter sich, im Profisport Fuß zu fassen. Zu Buche stehen anderthalb Teilnahmen am Berlinmarathon (Grundorf ganz, Paulin nicht ganz) und eine fehlgeschlagene Bewerbung um den Posten des Bundestrainers (Nehren nicht, Grundorf auch nicht).
Logische Konsequenz: die Sportredaktion der Kommunikaze wird vorerst keine weiteren Gehversuche im Profisport unternehmen. Einzig Jan Paulin wird weiterhin an sämtlichen Pfahlsitzwettbewerben der Republik teilnehmen - von irgendetwas muss er ja leben.
Das Beispiel Geerds zeigt: es geht auch anders. Von nun an wird die Kommunikaze talentierte Osnabrücker Sportler auf ihrem Weg in den Profisport begleiten.
Nächste Folge: Kommunikaze begleitet Sebastian König zu den lokalen Vorentscheiden im Pfahlsitzen – mit welcher Taktik kann er Favorit Paulin schlagen?